Denn so sehr hat
Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn
glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.Johannes
3,16
Die Kreuzigung war eine in der Antike verbreitete Hinrichtungsart. Sie wurde im Orient, besonders im römischen Reich und zuletzt noch im Osmanischen Reich angewandt. Man verhängte sie vor allem gegen entlaufene oder aufständische Sklaven.
» Geschichte Das Kreuzigen hat sich aus dem Aufhängen entwickelt. Bekannt wurde es zuerst von den Phöniziern, einem syrischen See- und Handelsvolk im Mittelmeerraum. Dort fesselte man Verurteilte an einen Baum - bei den Römern später ?arbor infelix? (Unglücksbaum) genannt - und überließ sie dann den Elementen oder dem Verdursten. Daher dauerte der Todeskampf oft Tage.
Um 1000 v. Chr. erlebte diese Hinrichtungsmethode ihre erste Blütezeit. Durch die Handelskontakte der Phönizier gelangte sie ins Zweistromland zu den damals dort herrschenden Assyrern und nach Persien. Dort wurde ein Verurteilter nur festgebunden, noch nicht aber angenagelt.
Seit dem Makedonischen Großreich wurde auch das Annageln praktiziert. Nun schuf man auch besondere Richtplätze, meist auf einem Berg oder Hügel, für die Kreuzigung, und benutzte eigens dafür vorgesehene Pfähle. 332 v. Chr. ließ Alexander der Große bei der Eroberung von Tyros etwa 2 000 Menschen so hinrichten.
Von den Griechen und Karthagern übernahmen schließlich auch die Römer das Kreuzigen. Im römischen Reich richtete man vorzugsweise Sklaven so hin, um andere Sklaven von der Flucht abzuschrecken. Nach der endgültigen Niederlage des aufständischen Sklavenheerführers Spartakus 71 v. Chr. wurden um die 6 000 seiner Anhänger entlang der Via Appia gekreuzigt.
Seit der römischen Kaiserzeit verbreitete sich die Kreuzigung auch als Strafe gegen Nichtrömer. Es wurde zudem üblich, die Verurteilten vor ihrer Hinrichtung völlig zu entkleiden und öffentlich zu geißeln. Dies bedeutete eine zusätzliche Qual und Erniedrigung. Besonders grausam war das Aufhängen mit dem Kopf nach unten. Davon konnten Angehörige den Verurteilten jedoch freikaufen.
Das Judentum übernahm nur das Aufhängen, nicht das Annageln, von den umgebenden Völkern und wandte es selber nur gegen Fremdherrscher (Josua 8, 29) oder bei extremen religiösen Vergehen wie Gotteslästerung an. Denn ein Gehängter galt als von Gott verflucht. Man ließ den Verendeten nur bis zum Abend zur Abschreckung hängen und begrub ihn dann, um das Land nicht in religiösem Sinn zu "verunreinigen" (5. Buch Mose 21, 22-23). Das jüdische Königsgeschlecht der Hasmonäer jedoch, darunter der Herrscher Judäas zur Zeit Jesu Herodes Antipas, waren vom Hellenismus beeinflusst und wandten daher auch die makedonisch-römische Kreuzigung an.
Seit dem Aufstieg des Christentums zur römischen Staatsreligion wurde diese in ganz Europa bekannt. Da Jesus Christus auf diese Weise hingerichtet worden war, wurde sie nun aber durch andere Hinrichtungsmethoden ersetzt. Zugleich begann ein religiöser Bilderkult um das Kreuz.
Im Osmanischen Reich wurde das Kreuzigen bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts praktiziert. Auch in Japan entstand als Reaktion auf europäisch-christliche Missionierungsbestrebungen im 16. Jahrhundert eine Variante der Kreuzigung. Dort wurden zunächst die Missionare selber gekreuzigt, später meist Männer und Frauen aus den niederen Schichten unter den Verurteilten, an denen ein Exempel statuiert werden sollte. Die japanische Form der Kreuzesstrafe ging meist mit einer Zerstückelung des Leibes einher. Sie wurde noch bis ins letzte Jahrhundert geübt.
» Kreuzesformen
Anknüpfend an christliche Kruzifixe, prägt heute meist die Form eines kleinen t-Buchstabens unser Bild vom Kreuz. Anfangs benutzte man in Rom dazu jedoch häufig ein Balkendreieck, die sogenannte ?Furca? (Forke). Diese war eigentlich ein landwirtschaftliches Nutzgerät. Man hängte es dem Verurteilten um den Hals und band seine Arme an seinen Schenkeln fest. In dieser Haltung wurde er ausgepeitscht. Dann wurde die Furca an einen eingerammten Pfahl gehängt.
Später wurde sie durch einen einfachen Querbalken ersetzt, der am oberen Ende des Pfahls angebracht wurde. Damit ergab sich die Form eines großen T. Man konnte den Querbalken aber auch mit einem Strick am Pfahl aufhängen, so dass die bekannte Kreuzform entstand. Diese war aber eher selten. Beide Balken waren meist roh oder nur grob, nicht fachmännisch behauen oder gar gehobelt.
Das "lateinische Kreuz" mit einem Längsbalken, der wesentlich länger ist als der Querbalken (?), ist eine ?Erfindung? von Künstlern späterer Epochen, die keine Kreuzigung mehr wirklich erlebt haben.
» Die Methode Die besondere Grausamkeit dieser Hinrichtungsmethode lag darin, dass ein gekreuzigter Delinquent nicht sofort starb, sondern lange und schwer leiden musste. Es konnte Stunden oder gar Tage dauern, bis sein Tod eintrat. Gerade dieses möglichst lange Überleben der zum Tode Verurteilten sollte Beobachter demütigen, einschüchtern und abschrecken.
Die römische Hinrichtungsprozedur bestand genau genommen aus vier nacheinander vollzogenen Teilschritten: # der öffentlichen Folterung des Verurteilten mit einer Geißel;
# dem erzwungenen Kreuztragen zum Hinrichtungsplatz;
# dem Fesseln oder Annageln seines Körpers an eine Furca oder den Querbalken;
# dessen Befestigung an einem Baum oder auf dem vorbereiteten Pfahl. Dabei wurden Mensch und Querbalken hochgehoben und mit dem senkrechten Pfahl verbunden.
Die Geißelung mit einer Peitsche, oft zusätzlich mit Nägeln besetzt, wurde in der römischen Kaiserzeit üblich. Sie schwächte den Gepeinigten durch die Anstrengung und Verspannung des Körpers unter den Schlägen, Schmerzen und Blutverlust. Allein dies konnte bereits tödlich sein, weshalb die Zahl der Schläge meist bewusst begrenzt wurde.
Das Kreuztragen bestand im Tragen der Furca oder des Querbalkens. Der Delinquent trug diesen aber nicht über der Schulter, wie man einen Pfosten trägt. Er zog auch kein fertiges Kreuz aus gehobelten Balken hinter sich her, wie es viele Darstellungen und Jesusfilme nahelegen. Sondern er musste ? bereits am Querbalken befestigt ? selbst den Weg vom Richtstuhl zur Richtstätte gehen.
Mit der Befestigung des Körpers auf der Furca oder am Querbalken begann die eigentliche Kreuzigung. Das Annageln geschah so, dass der Blutverlust gering gehalten wurde. Man trieb die Nägel nicht durch die Stellen am Handgelenk, wo sich die Pulsadern befinden, sondern weiter außen. Wurde nur genagelt, so musste der Nagel zwingend zwischen Elle und Speiche platziert werden, da eine Nagelung in der Handfläche ? wiederum bei Jesusdarstellungen üblich ? die Last des Körpers nicht ausgehalten hätte und ausgerissen wäre. Wurden die Handgelenke jedoch am Balken festgebunden, dann war eine zusätzliche Nagelung in der Handfläche durchaus vorstellbar, um weitere Schmerzen beim Bewegen der Hände zu verursachen.
Die Beine konnten mit einem Nagel durch die gekreuzten Fußschaufeln befestigt werden, wenn ein schräges Brettchen zusätzlichen Halt gab. Auch diese Version ist durch Jesusdarstellungen bekannt. Eine andere Version ist das Annageln durch die Fußwurzel hindurch, indem der Verurteilte je ein Bein rechts und links am senkrechten Pfahl anlegte. Diese Form der seitlichen Nagelung ist belegt durch einen Skelettfund, wo der Nagel noch in einem der Fußwurzelknochen steckte.
Um den Tod hinauszuzögern, befestigte man am senkrechten Kreuzbalken in Höhe des Gesäßes ein kleines Brettchen, Sedile genannt. Ebenso stützte teilweise ein Brettchen (Suppedaneum) die Füße. So konnte der Todeskandidat seine Arme, die am Querbalken befestigt waren, entlasten, was ihm wiederum das Atmen erleichterte.
Damit der Gekreuzigte nicht vorzeitig verdurstete, reichte man ihm von Zeit zu Zeit ein Getränk: meist Wasser, zum Teil mit Essig versetzt, um so den Speichelfluss anzuregen. Auch wurden dem Wasser schmerzlindernde oder betäubende Extrakte von Heilkräutern beigefügt. Mit Wasser verdünnter Essig war außerdem bei den Römern ein beliebtes Erfrischungsgetränk.
Der Tod trat im Allgemeinen - bei nicht schon vorher geschwächten Menschen - nach einigen Tagen durch inneres Ersticken bzw. durch Kreislaufkollaps ein. Dieser folgte aus der fast völligen Bewegungsunfähigkeit des ans Kreuz gefesselten und/oder genagelten Menschen, besonders wegen der ausgebreiteten Arme. Dem Tod durch Herzversagen gingen Qualen wie Durst, Wundbrand und Verkrampfung der Atemmuskulatur voraus.
» Die Kreuzigung in der Bibel Eine Analyse der griechischen Texte des Neuen Testaments legt zusätzlich ein noch einfacheres Hinrichtungswerkzeug nahe; gemäß Johannes 19, 25 wurde Jesus an einen ?????? (sprich: stauró; griechisch für Pfahl, Mast oder Kreuz) gehängt. Unter anderem in Apostelgeschichte 5,30 wird das Hinrichtungswerkzeug zudem mit ????? wiedergegeben (sprich xýlon; griechisch für Holz, Stab, Baum); xýlon hat nicht die Bedeutung von zwei Hölzern, weshalb einige Bibel-Übersetzungen es mit Pfahl oder Baum übersetzten. Im Bibelbericht wird erwähnt, dass den zwei Verbrechern zu beiden Seiten Jesu die Beine gebrochen wurden, damit der Todeskampf nicht zu lange dauerte (Johannes 19, 31). Das Hängenlassen der Exekutierten über Nacht war nach jüdischem Gesetz verboten (Deuteronomium 21, 23). Jesus wurden laut den biblischen Berichten die Beine nicht gebrochen, womit sich die Prophezeiung aus Psalm 34,21 erfüllt habe.
Letztendlich wurde noch der titulus befestigt. Dabei handelt es sich um eine Tafel, auf der zur Abschreckung für alle, die an der Richtstätte vorbeikommen, der Name des Verbrechers und sein Vergehen (crimen) genannt wurden. Im Falle von Jesus war es das als Abkürzung berühmt gewordene INRI (Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum) - Jesus von Nazaret, König (Herrscher) der Juden. Wobei das Verbrechen aus römischer Sicht eben das war, dass Jesus vorgeworfen wurde, er sei der (rechtmäßige) Herrscher der Juden oder er möchte es sein bzw. werden. Von dieser Tafel sind Darstellung des Kreuzes mit zwei Querbalken abgeleitet, z. B. das Patriarchenkreuz und das Lothringer Kreuz.
Auf dem so genannten Turiner Grabtuch findet sich eine Art Ganzkörperabdruck eines Gekreuzigten (Jesus?). Es ist zu vermuten, dass dieses Tuch einen authentischen Eindruck über die Auswirkungen einer Kreuzigung vermittelt.
» Darstellung der Kreuzigung Christi in der Kunst
Darstellung der Kreuzigung aus dem 8. Jahrhundert Die altchristliche Kunst scheute sich, die Leidensgeschichte darzustellen, oder wenn sie es tat, so geschah es in einer Weise, welche die rauhe Wirklichkeit verhüllte. Aus den ersten Jahrhunderten gibt es kein einziges Bild der Kreuzigung. Die Kreuzigung erscheint erst im 5. Jahrhundert deutlicher, so etwa in Rom am Portal der Basilika Santa Sabina auf dem Aventin (432 n. Chr.). Vor dieser Zeit wurde das Kreuz in den Katakomben äußerst selten dargestellt. Bis ~1100 wurde Christus als ferner Gott am Kreuz, frei von Schmerzen dargestellt. Zu einer Wende kam es um 1300, am Übergang der Romanik zur Gotik. Jesus am Kreuz wird zur Leidensfigur, mit der man mitfühlen soll. Eine Erweiterung des Bildes durch die zusammensinkende Maria umgeben mit den drei tröstenden Frauen scheint logische Folgerung zu sein. Ab dieser Zeit kommt es auch zur Entstehung des Typus des volkreichen Kalvarienbergs, einer Darstellungsform, die nicht nur die klassischen, neu testamentarisch begründeten Figuren mit einbezog, sondern darüberhinaus eine Masse an Zuschauern darstellte.
Die Darstellung der Kreuzigung erfolgte in der Romanik mit vier Nägeln, in der Gotik mit drei Nägeln, um dem Körper mehr künstlerische Bewegung und eine Stellung zu geben, die mehr geeignet schien, die Gläubigen zu rühren.
============ ~nora~ "Ich singe dir mit Herz und Mund, Herr, meines Herzens Lust; ich sing und mach auf Erden kund, was mir von dir bewußt (..)" v. Paul Gerhardt Galater 5,1: "Für die Freiheit hat uns Christus befreit; so stehet nun fest und lasset euch nicht wieder in ein Joch der Knechtschaft spannen!" http://nightstop.net.ms
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